Sonntag, 29. Oktober 2023

Das verschenkte Herz: Kapitel 5

  

 
Die Sonne strahlte durch die finsteren Wolken und es war am Morgen erstaunlich warm für diese Jahreszeit. Eustace fütterte seine Kuh und sein Huhn, zog die Tür seines Wagens zu und folgte Abadilus Gnarsazilan. Es war nicht so, das er ihm vertraute, aber er hatte auch keinen Grund ihm zu misstrauen. Und Odette, von der er zum ersten Mal seit sehr langer, langer Zeit endlich gesprochen hatte, hätte es gefallen, wenn er auf ein Abenteuer ginge. Außerdem: was konnte schon passieren?

Ihr Weg führte sie durch die unterschiedlichsten Gebiete: Sanddurchzogene Wüstengegenden; schmale Wege, die von Wasser umringt waren; lavaspuckende, von heißer Erde angereicherte Vulkangebiete; eiskalte Winterebenen. Erstaunlicherweise spürte Eustace die Strapazen der Reise nicht. Auch fehlte ihm jegliches Zeitgefühl: er konnte nicht sagen, ob sie nur ein paar Stunden, Tage, Wochen oder gar Monate unterwegs waren. Er verspürte weder Hunger noch Durst, war nicht müde und grübelte nicht einen Moment lang. Es war, als wären sie aus der Zeit gefallen.


 
Schließlich gelangten sie zu Abadilus Wagen. Ein wenig skurril wirkte seine Wohn- und Wirkstätte. Absonderliche Gegenstände hatte der komische Geselle angesammelt, und wirklich heimelig wirkte das alles nicht. Das erste Mal, seit er den Fremden getroffen hatte, beschlich Eustace ein sehr mulmiges Gefühl. 

"Hier sind wir nun, wehrter Freund Eustace," sagte Abadilus mit einer einladenden Geste, sich zu setzen. 
Eustace ließ sich auf einem der Sitze nieder. Abadilus bot ihm ein Getränk an, und Eustace trank. Plötzlich hatte er großen Durst! Zu Beginn schmeckte der Trunk scheußlich, bitter und nach einem seltsamen, unbekannten Kräutergemisch. Doch nach einigen Schlucken schien es, als könne er gar nicht genug davon bekommen. Erst nach der dritten Tasse war sein heftiger Durst gestillt.
"Möchtest du deine Odette wiedersehen? Wieder mit ihr zusammen sein?" wollte Abadilus wissen. In seinem Gesicht lag keine Mine, geradeso als wäre er zwar freundlich, aber gleichzeitig auch emotionslos. Eustace konnte ihn nicht deuten.
"Ich würde alles geben, damit Odette wieder bei mir sein könnte," antwortete Eustace. Ups! Hatte er das wirklich sagen wollen? Hatte er das wirklich dem undurchsichtigen Unbekannten offenbaren wollen?
"Wenn wir dieses Ritual durchführen, lieber Freund, wird deine Geliebte wieder bei dir sein. Auch wenn sie für alle anderen unsichtbar sein wird, wird sie auf ewig bei dir sein! Nur für dich. Du kannst sie sogar berühren! "
"Du wirst mir doch nichts zuleide tun?" sagte Eustace. Er fühlte sich verklärt, als hätte er Nebel im Kopf, und konnte den Blick kaum auf Abadilus richten. Es war, als würde er verschwimmen, während alles um ihn herum gestochen scharf erkennbar war. Seltsam...

Abadilus lachte: "Natürlich werde ich dir nichts antun, wehrter Eustace! Und doch benötigen wir für dieses Ritual etwas sehr Wichtiges von dir."
Eustace musste hicksen. Was war das nur für ein absonderliches Getränk gewesen? Es schien ihm, als hätte er gar keine Möglichkeit, seinem eigenen Willen nachzugehen.
"Was brauchst du, damit Odette wieder bei mir sein kann?"
"Dein Herz," sprach Abadilus leise, "sonst nichts. Gib es mir, und du wirst auf ewig mit Odette vereint sein!"
Eustace kicherte: "Klar doch, mein Herz! Dann fall' ich ja sofort um!"
"Aber nein," versicherte Abadilus. "Ich sagte dir doch, das dir nichts geschehen wird."
"Naja gut, dann bitte schön. Wie soll ich es dir geben? Verpackt mit Schleife oder nimmst du es einfach so?" kicherte Eustace ungewollt, denn gekichert hatte er in seinem ganzen Leben noch nie.
"Trink noch etwas, Eustace," und Abadilus füllte seine Tasse erneut mit dem seltsam schmeckenden, noch seltsamer wirkenden Trunk. "Und dann sprichst du mir die folgen Worte nach -"




2 Kommentare:

  1. uuuh, was wird wohl jetzt passieren.... so spannend. LG Miro

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  2. Das ist unheimlich! Der Abadilus führt nichts gutes im Schilde! 😱 Der ist ganz durchtrieben, glaub ich!

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