Das verschenkte Herz: Kapitel 6

 

 

Als Eustace erwachte, lag er vor seinem einstigen Zuhause. Genau genommen lag er mitten auf der Wiese. Aber das war keine verrottete, verdorrte Wiese mehr, sondern duftendes Gras, übersät von unzähligen, bunten Blumen. Er konnte das Gackern der Hühner hören, das Grunzen des kleines Schweinchens, und vernahm das leise Gluckern der Wasserpumpe. 
 Er erhob sich und sah sich um: überall in den verkommenen Gefäßen - all den Eimern, Tassen und Kannen - sprießten Blumen; das Haus war bewachsen mit Pflanzen in den herrlichsten Farben; die Luft roch nach frisch gegossener Erde und... Brot? Es roch nach Brot, nach frischem Brot!
Sollte er nicht glücklich sein? Vielleicht war alles nur ein böser Traum gewesen? Der Geschmack des seltsamen Getränks, das Abadilus Gnarsazilan ihm gegeben hatte, bedeckte noch immer seine Zunge. Es musste wahr sein! Er war zurück in seinem alten Leben! Oder in einem neuen alten Leben... Nicht einmal Verwirrung konnte er empfinden. Es war, als wäre er hohl, da war nichts in ihm.
 

Langsam schritt Eustace auf die Haustür zu. Doch kaum, das er den Knauf in die Hand nehmen konnte, öffnete sich die Tür. Und... da war Odette! Seine Odette!
"Eustace, mein Liebling!" rief sie aus. "Es ist so schön, endlich wieder bei dir sein zu können!"
Sie umarmte ihn. Sie nahm sein Gesicht in ihre Hände und übersäte es mit unzähligen Küssen.
Er löste sich aus ihrem Griff. Einen Moment hielt er ihre Hand in den seinen. Er hauchte ihren Namen.
"Odette..."

"Was ist, Eustace, mein Liebster?" fragte Odette traurig. Der Blick in seinen Augen war anders, als sie sich erinnerte. Da war kein Funke, kein Glimmen.
"Ich bin leer," sagte er langsam. "Ich fühle nichts. Ich weiß, das ich dich liebe. Ich erinnere mich an meine Liebe zu dir. Aber ich spüre sie nicht mehr. Ich habe mein Herz weggegeben..."