Montag, 19. Dezember 2022

Verhexte Weihnacht: Kapitel 10

 

10. Unten

Sicher kannst du dir denken, das wir natürlich den Abstieg durch die Falltür wagten. Ganz klare Sache, das! Wenn es schon Dummheiten gibt, die man begehen kann, dann aber bitteschön freiwillig! 
 Wir gelangten durch die Tür im Boden in ein Gewölbe. Es war eisig hier unten, aber auf eine unheilvolle Weise. Also keine einfache Kälte, sondern etwas Fröstelndes, das tief in einem wachgerufen wird, etwas Schauriges, Grausiges. Von der Decke hingen Lampen, in denen dieses kalte Licht glimmte, das uns bereits bekannt war. In die Wände des Gemäuers waren überall Zeichen eingraviert. Genauer gesagt handelte es sich hierbei um eine uralte Drachensprache.
"Die hat jemand in den Stein gezaubert," merkte Pony leise an.
Ich legte den Zeigefinger auf die Lippen und bedeutete allen, ganz leise zu sein. Und so schlichen wir voran, eingehüllt in das blaue, kalte Licht, umgeben von finsterem, rabenschwarzem Stein.

Wir liefen eine schier endlose Zeit weiter, und ich fragte mich, wie groß dieses unterirdische Gewölbe wohl sein konnte und ob wir vielleicht irgendwann auch mal irgendwo ankamen. Just in diesem Moment weitete der Gang sich nach hinten aus und mündete in einer Höhle. Mitten in der Höhle - wir trauten kaum unseren Augen! - schwebte ein Drache auf einer kleinen, verschneiten Portalwelt, eingeschlossen von einer grünlich schimmernden Kugel. Eine kleine Insel, mitten in einer Höhle. Ein wirklich surrealer Anblick, der sich uns darbot. Er sah aus, als schliefe er einen bleiernen Drachenschlaf. Uns fielen die Kinnladen vor Überraschung herunter, denn das war nicht irgendein Drache! Das war Mirolaus, der Weihnachtsdrache!

"Was zum... ?" entfleuchte es Cowboy.
"Aber echt!" schloss Braka sich an.
Ich hob die Hand und bedeutete ihnen, ruhig zu sein. Ich sammelte mich einen Moment; musste einen klaren Kopf bekommen. Ich konzentrierte mich nur auf den Drachen in der Blase. Es fiel mir äußerst schwer, durch die Barriere zu ihm durchzudringen, doch nach einiger Zeit öffnete er die Augen. Ein wenig verwirrt blickte er sich um, doch ich sagte ihm, das wir Freunde seien und ihm helfen wollten. Er zappelte etwas herum und versuchte, mit den Klauen die Blase zu zerstören, doch das Licht umgab ihn fest. Nachdem er sich beruhigt hatte, fiel es mir leicht, mit ihm zu kommunizieren.
"Er sagt, das Kalwarion ihn in eine Falle lockte. Aber er handelte nicht allein. Die Hexe Grimalda scheint den alten Drachen zu kontrollieren."
"Wo finden wir denn diese Grimalda? Und übrigens höre ich den Namen zum ersten Mal..." warf Pony ein.
"Mirolaus sagt, sie hält sich hier im Schloss auf. Er sagt, wir müssen durch einen Schlund treten, um sie zu finden."
Einen Augenblick schwebte der Drache noch auf und ab, doch ganz plötzlich sank er wieder in tiefen Schlaf. Ich hatte die Verbindung zu ihm verloren.
"Durch einen Schlund treten..." murmelte Braka und kratzte sich am Kopf.
"Der Kamin!" riefen Cowboy und ich wie aus einem Mund.

Wir machten uns wieder an den Aufstieg. Als wir in den Raum zurückkehrten stellten wir fest, das alles wieder unsichtbar geworden war. Mit einer raschen Geste markierte Pony eine seicht schimmernde Sigille über der Falltür. 


Und schon ging's weiter in den ersten Stock. Da wir jetzt wussten, das sich hier niemand aufhielt, sprinteten wir die lange Treppe nach oben Richtung Kamin. Die Gänsehaut überfiel mich auch beim zweiten Mal, das ich dieses seltsame Gebilde wahrnahm.
"Nur..." grummelte Cowboy, "wie kommen wir da rein?"
"Es muss einen Mechanismus oder sowas geben," sagte ich. "Vielleicht dreht er sich... wie die Treppe vorhin."
"Sieh mal hier, Rübe," Pony deutete auf die beiden Ritterstatuen, die neben dem Kamin standen. "Hier sind auch solche Zeichen, wie unten im Gewölbe. Und sie sind magisch."
Und wieder kam Ponys Talent zum Einsatz. Du kennst das Prozedere ja mittlerweile: wirres Gekrakel in der Luft und das Gedöns. Und tatsächlich: die Runen leuchteten auf.
"Wir müssen also auch hier einen Code eingeben."
"Na spitze," gab ich von mir und konnte mir einen Hauch Sarkasmus nicht verkneifen. Pony wirbelte und murmelte und zauberte vor sich hin. Doch nichts tat sich.
Wir standen eine Weile wie die Ochsen vorm Berge, als Braka eine Idee hatte: "Vielleicht muss man die Runen vorlesen. Möglicherweise ergeben sie einen Spruch, der den Zugang öffnet."
"Diese Schrift kann doch wohl keiner von uns lesen," murrte Cowboy. Und damit hatte er recht. Aber ich kannte - verhext nochmal! - jemanden, der dies konnte: RedFred! Und was wäre ich für eine Druidin, wenn ich nicht in der Lage wäre, ihn einfach mal gedanklich anzurufen! Gedacht, getan. Ich fixierte die Statuen, um meinem Drachen ein so klares Bild wie möglich übermitteln zu können. Nun hieß es abwarten und Tee trinken. Apropos, ich hatte tatsächlich mittlerweile richtig Durst.
Wir verharrten schweigend. Cowboy hatte mittlerweile seinen x-ten Halm durchgekaut; Pony hibbelte von einem Fuß auf den anderen; Braka umklammerte sein Alchemietäschchen. Doch endlich meldete sich RedFred. Anfangs war die Antwort unklar, doch nach einer Weile wurde das Bild schärfer und ich konnte erkennen, was wir zu tun hatten.
"Finsternis willkommen ist, wenn Chaos sich über das Land ergießt."
Die Ritterstatuen begannen, sich ganz langsam zu drehen, sodass sie mit dem Gesicht nun zur Wand zeigten. Die Bewegung machte kratzende Geräusche, als würde Stein auf Stein geschliffen. Das grüne Feuer erlosch, und der Schlund des Kamins weitete sich nach oben, als würde sich das Maul der Kreatur weiter öffnen. Nun konnte man eine Tür erkennen, die sich langsam und mit mechanischem Klacken auftat. 

Ein letztes Mal warfen wir uns alle einen Blick zu, dann durchschritten wir das Portal.


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