Dienstag, 20. Dezember 2022

Verhexte Weihnacht: Kapitel 11

 

11. Die Wurzel des Übels

Es war nicht so, wie wir erwartet hatten: wieder endlos lange einen Gang entlangschlurfen und schauen, was so kommt. Nein, diesmal standen wir, nachdem wir die Tür passiert hatten, in einem riesigen, einem gigantischen, einem monströsen Gewölbe! Jedenfalls muss es das gewesen sein, denn die Wände und die Decke verloren sich in der Dunkelheit. Wir traten sofort zur Seite und versteckten uns im Schatten. 
 In der Mitte des Raumes (also so ungefähr jedenfalls, aber wir wollen ja nicht kleinlich sein) befand sich eine immense Kugel. Sie war... da fehlt sogar mir ein Ausdruck für... sie war einfach nur gigantomanisch und mit Nebel gefüllt. Doch in all diesem Nebel konnte man unsere Welt entdecken: nämlich die miramagischen Lande. 


Wie hypnotiesiert traten wir näher an diesen exorbitanten Globus heran. Allerdings hatten wir vergessen, das wir an sich auf der Suche nach Grimalda waren, der Herrin dieses Anwesens. Und da war sie auch schon: sie hatte ganz einfach hinter der Kugel gestanden, und wir hatten sie lediglich von unserer Position aus nicht sehen können. Naja... gut... eigentlich... genau genommen schwebte sie. Und nicht nur sie. Einige Drachlinge flogen um sie herum, ebenso schwirrten auch winzige Düsterfeen um sie her.
"Ah, Besuch!" rief sie mit finster-knarrender Stimme, die leicht nach oben zog und schrill in unseren Ohren hallte. Naja, vielleicht war hier auch nur die Akustik total bescheiden. "Willkommen zum Ende von Weihnachten! Ha, ha, hahahaha!"
"Na, das wollen wir ja erstmal noch sehen!" rief Cowboy, nun seinen Halm ausspuckend und eine Faust gen die Hexe erhebend.
"Ha, ha, ha, was wollt ihr Wichte denn? Meinen Zauber rückgängig machen?"
Ihre Stimme hallte durch das ganze Gewölbe und wurde immer als Echo zurückgeworfen. Ich gestehe, das ich mich äußerst unwohl fülte in dieser Situation. Aber es nutzte nun mal alles nichts. Getan werden muss, was getan werden muss!
"Du bist doch nur ein Abklatsch vom Grinch! Du meinst doch wohl nicht ernsthaft, das du uns Weihnachten stehlen kannst?" rief ich ihr entgegen.
Ihre Haare wogten in wallenden Wellen und loderten in unheilig scheinendem Grün. Ihre spillerigen Arme hatte sie weit von sich gestreckt, als hielte sie etwas Unsichtbares in Händen, das sie uns zeigen wollte.
"Was, nur, stimmt mit der nicht?" raunte Braka mir ins Ohr.
"So," ergriff ich erneut das Wort, "du willst also das Familiengeschäft wiederbeleben. Sehr lobenswert. Aber nicht so und nicht mit uns!"
"Du meinst, wir kommen nicht gegen dich an? Du wirst noch dein blaues Wunder erleben, Mädchen!" schmetterte Cowboy ihr wütend entgegen.
"Ja, genau! Alles was sie gesagt haben und noch dazu: ich kann auch zaubern! So!" schloss Pony sich nun an.
"Ha, ha, hahahaha!" ertönte es noch von Grimalda, doch dann beachtete sie uns einfach gar nicht mehr. Tja, sie nahm uns in der Tat nicht, aber so überhaupt gar nicht, ernst. 

Wir zogen uns in die Schatten zurück und beobachteten sie eine Weile. Die Drachlinge hatten wohl keine besondere Aufgabe. Sie flatterten die ganze Zeit einfach nur um Grimalda herum, als wären sie in Trance. Und die kleinen Düsterfeen... weiß der Humbug, was sie zu tun hatten.
"Was ist denn nun mit dem Urdrachen Kalwarion?" flüsterte Pony.
"Das Gewölbe reicht noch eine ganze Ecke weit nach hinten," zischelte Cowboy zurück. "Vielleicht ist er dort?"
In diesem Augenblick wusste ich keinen Rat.
"Es bleibt uns nichts anderes übrig, als uns aufzuteilen. Hätten die Drachen schon etwas von ihm gesehen, hätte RedFred es mir vorhin mitgeteilt."
"Dann ist er nicht hier?"
Ich rollte die Augen: "Ich weiß auch nur das, was du weißt."
"Jaaa, klingt logisch," nickte Pony.
So teilten wir uns in alle vier Richtungen des Gewöbes auf, immer schön an der Wand entlang und sehr, sehr unauffällig. Obwohl wir ja wussten, das Grimalda wusste, das wir uns hier aufhielten. Doch für sie waren wir wohl nicht mehr als ein paar Käferchen, die sie bei Zeit einfach wegschnicken konnte, wenn wir ihr zu unliebsam wurden. Ihre Überheblichkeit mussten wir zu unseren Gunsten nutzen.

Ich will dich nicht zu lange auf die Folter spannen: wir schlichen umher, und nach einer gefühlten halben Nacht hatten wir das Gewölbe abgelaufen. Doch hier war nichts weiter. Es gab nur diese riesige Kugel. Und so entschlossen wir uns, uns wieder vom Acker zu machen. Natürlich nicht komplett, also im Haus wollten wir schon bleiben.
"Irgendwo muss dieser Drache sein," raunte Cowboy.
"Ja, ich kann auch noch einen mächtigen Zauber fühlen. Wir müssen diese versiegelten Bücher aufbekommen. Ich denke, das wir dort eine Lösung finden können," merkte Pony wispernd an.
"Richtig! Auf jeden Fall wird uns das weiterhelfen!" flüsterte Brakalasa.
"Und überhaupt," fragte ich leise, "warum flüstern wir?"
Wir machten uns also erneut auf die Socken in den Raum, in dem all die uralten Schriften lagen, die wir nicht hatten öffnen können ( check hierfür Kapitel 9!). Ich wies Braka an, das er mal eines seiner Pülverchen anwenden solle. Möglicherweise gab es auch hier einen Code, den wir zu knacken hatten, um des Rätsels Lösung näher zu kommen.
"Murmeldimurmel-murmel-dummdidumm-murmel..." und er blies einen feinen Staub in die Luft. Doch das Pülverchen legte sich nicht so einfach nur über die Bücher und Pergamente, nein, es wirbelte in wildem Tanz umher, glitzerte und glimmte, und leuchtete in einer grellen Stichflamme auf. Erst dann verpuffte es und für einen Sekundenbruchteil leuchteten alle Siegel blitzend auf. Es gab ein "Knacks" hier, ein "Knock" da, und alles in allem knisterte und raschelte es im gesamten Raum.
"Hier, schaut!" rief Pony begeistert. "Ich kann die Bücher öffnen! Braka, du bist ein Genie!"
"Ich weiß!" grinste Braka und streichelte sein Alchemietäschchen.
"Hmmm," fragte ich in die Runde, "warum haben wir das nicht vorhin schon probiert?"


 So Studiererei macht echt hungrig. Da brauch' ich dir wohl nichts erzählen. Ich konnte meine Gedanken kaum noch zusammen halten. Pony half zwischendurch immer mal wieder mit einem Kekszauber aus. Nervennahrung, sozusagen. Aber mein abendliches Tässchen Tee oder ein heißer Kakao mit Sahne wären auch nett gewesen. Stattdessen hieß es Bücher wälzen. 
Es schien Stunden zu dauern, ehe Cowboy auf ein interessantes Kapitel in dem Buch "Zauberei für Dummies" stieß. 
"Hier heißt es, das jeder noch so mächtige Fluch gebrochen werden kann. In den meisten Fällen, indem man die Person, die den Fluch sprach, austrickst."
"Das muss selbst ein Dummie geschrieben haben!" kicherte Pony.
"Moment!" warf ich ein. "Das könnte stimmen. Ich habe einst ein Buch gelesen, in dem sowas angewandt wurde. Man benötig hierfür allerdings etwas von der Person, die den Fluch aussprach. Haare, einen Zahn oder Knochen oder sowas."
"Genau! Oder etwas von ihrem Wissen!" schaltete sich Braka jetzt ein. "Ich hab' sowas ähnliches ebenfalls schon gehört."
"Aber was hilft uns das jetzt mit dem Urdrachen?" kratzte Pony sich am Kinn.
"Ja, gute Frage."
"Wir sollten uns weiter darauf konzentrieren, ihren Fluch zu brechen," brummte Cowboy. "Dann kümmern wir uns um den Drachen."
Der Plan war beschlossene Sache: wir müssten zurück zu Grimalda in den Kugel-Dungeon, sie überlisten, ihr etwas stehlen, und so ihren fiesen Zauberspruch rückgängig machen. Cowboy verstaute das Buch in seinem Rucksack. Nicht ohne das Pony es zuvor mit einer Sigille belegte, damit es von niemand anderem gesehen werden konnte.



11.1. Was machen eigentlich die Drachen?

Hier mal ein kleiner Break: Die Drachen, also unsere Drachen, verweilten weiterhin um das Anwesen herum. Keine Bange, Drachen wird es nie langweilig!

XX Sie hocken gerne einfach so irgendwo rum. Ihre Geduld ist unermesslich. Und da sie über sehr große Entfernungen gedanklich miteinander quatschen können - ja, so wie du mit einem modernen Telefonapparat - schnattern sie die ganze Zeit, ununterbrochen und pausenlos. Wobei das Drachisch weitaus ausgefeilter und komplexer ist, als unsere beschränkte menschliche Sprache. Denn Drachen unterhalten sich nicht allein durch Worte und Laute, vor allem kommunizieren sie bildlich und symbolisch miteinander. Zudem singen Drachen leidenschaftlich gerne. Doch - anders als bei uns Menschen - übermitteln sie die Gefühle eines Liedes, nicht die Melodie. Durch ihre hoch ausgeprägte Sensibilität können sich unendlich viele Drachen diesem Lied anschließen, es erweitern, es ausbauen, es erneuern und zu einem völlig neuen Lied wachsen lassen. Eine sogenannte "Drachenweise" kann über Stunden, Tage, ja sogar Jahre dauern. Vielleicht so ein bissi mit ein Grund, warum wir Menschen diesen Liedern kaum bis gar nicht folgen können.
Auch können die meisten Menschen der Sprache der geflügelten Wesen kaum folgen, denn all die Bilder würden den begrenzten menschlichen Verstand sprengen. Aus diesem Grund müssen Drachen sich enorm konzentrieren, ihre Nachrichten an Menschlein, die des Drachischen mächtig sind, so schlicht wie möglich zu halten. Wir würden es sonst überhaupt nicht verstehen. Zudem Drachen, wie du ja jetzt weißt, endlos viel Zeit haben. Allein ein "kurzer Witz" kann schon Stunden dauern, und wo wäre denn da die Pointe?

Nun, so jedenfalls beobachten sie alles um sich herum, nehmen alles wahr durch ihre äußerst sensiblen Sinne, und klatschen und tratschen was das Zeug hält. Einfach ausgedrückt: bei den Drachen ist alles paletti!

11.2. Derweil in Miramagia



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