Freitag, 16. Dezember 2022

Verhexte Weihnacht: Kapitel 7

 


7. Jeder Gang macht schlank

  An den Wänden hingen zu jeder Seite Fackeln, von denen ein bläuliches, kaltes Licht ausging. Die Wände selber waren mit Holz vertäfelt und zeugten von uralten Zeiten längst vergangener Tage. Linksseits befanden sich einige Türen, rechtsseits standen einige steinerne Statuen. Am Ende des Ganges, den wir so leise wie möglich entlangschritten, wuchs eine riesenhafte, mit violettem Samt ausgelegte Treppe aus dem scheinbaren Nichts. Sehen konnte man sie erst, als wir direkt davor standen. Es war, als wäre sie plötzlich vor uns aufgetaucht. Hinter uns knackte es - ich ruckte herum. Doch da war nichts und niemand. Ich bekam Gänsehaut. Cowboy verschluckte vor Schreck fast seinen Halm, und Braka umklammerte sein Alchemietäschchen noch fester.
"Wir sollten die Treppe meiden," zischelte Pony. "Jedenfalls mit unseren Füßen."
Da hatte er recht. Womöglich war der Aufstieg morsch, und wir würden durch unsere Tritte knarrende Geräusche auslösen. Mit einer raschen, symbolzeichnenden Geste manifestierte Pony drei weitere Besen. Wir nahmen darauf Platz und ließen uns Pony die Stufen hinauf manövrieren. Cowboy war nicht so gerne in der Luft, und er verlor ein wenig das Gleichgewicht, als die Treppe nach oben hin enger und enger wurde, und unsere Besen eine steile Kurve fliegen mussten. Braka streckte geistesgegenwärtig den Arm aus und fing Cowboy rechtzeitig ab, ehe er mit einem Rumms auf der Treppe gelandet wäre. Ich wagte bei dieser Aktion kaum zu atmen.



Endlich oben angekommen, verschwanden die Besen flugs. Ein endlos scheinender Gang breitete sich vor uns aus. Doch hier gab es kaum Licht, und so konnten wir nicht erkennen, wohin uns dieser Flur führen würde. Wir pirschten uns weiter vor, auf jeden Schritt achtend, immer darauf bedacht, kein Geräusch zu machen. Hier und da stand ein Tischchen mit einer Vase, die verdorrte Blumen beherbergte, oder auch mal eine Porzellanfigur, die in seltsamsten Verrenkungen tanzten. Schließlich erspähte ich das Ende des Ganges - doch hier gab es keine Tür. Ein riesiger Kamin thronte hier, eingemeißelt in schwarzen Stein. Grünes Feuer loderte in dem Schlund einer unheilvollen Kreatur. Links und rechts neben diesem schaurigen Kamin schienen zwei Ritterstatuen das Feuer zu bewachen. Über dem Kamin hing ein riesiges Gemälde, auf dem ein finster dreinblickender Drache abgebildet war.
"Das ist Kalwarion," flüsterte Cowboy und erschauderte.


Wir wechselten untereinander furchtsame Blicke. Pony deutete mit dem Finger auf eine weitere Treppe. Sie befand sich in einer Nische, eingebettet in einen marmornen Rahmen. Ich fragte mich, wie man eine Treppe besteigen sollte, die einfach endete, weil sie von einem Rahmen umgeben war. Wer war denn hier wohl der zuständige Architekt gewesen? Pony betrat die erste Stufe, und ein "Klick" ertönte. Mit einem leisen Surren begann die Treppe, sich zügig zu drehen und Pony war verschwunden. Wir standen zu dritt und waren so überrascht, das wir jede Vorsicht vergaßen. 
"Was zum... ?" entfuhr es mir.
"Gibt's ja gar nicht!" rief Braka leise aus.
Dann ertönte erneut das klickende Geräusch, und Pony tauchte wieder auf.
"Das war ja witzig!" schmunzelte er.
Cowboy stupste ihn leicht an der Schulter an, um ihn zur Raison zu rufen.
"Mach' keine Witze, was hast du gesehen?" wollte er unwirsch wissen.
Pony räusperte sich, um nicht mehr grinsen zu müssen, und flüsterte:
"Ratet mal: dahinter befindet sich ein Gang! Und am Ende geht es noch in ein Stockwerk rauf!"
"Vielleicht bewegen wir uns in die falsche Richtung?" zischelte Cowboy. 
"Ja," unterstützte ich seinen Gedanken, "vermutlich müssen wir runter."
"Kann sein," murmelte Braka, "aber jetzt sehen wir uns erstmal oben um."
"Dann sollten wir vielleicht auch mal in einen der Räume hineingehen," grinste Pony.

Und damit hatte er recht. Bisher waren wir ja nur umhergelatscht. Weiß der Greif, was wir erwartet hatten. Also so richtig gute Detektive waren wir scheint's nicht.


2 Kommentare:

  1. es wird ja immer spannender....

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    1. Oh ja! 😊 Während des Schreibens habe ich die Spannung schon selber kaum ausgehalten - klingt seltsam, ist aber tatsächlich wahr. Eigentlich sollte es eine entspannte, eher romantische Geschichte werden, aber es entwickelte sich eben einfach so, wie es musste.
      Ich wünsche Dir weiterhin sehr gute Unterhaltung! 🤗

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