Verhexte Weihnacht: Kapitel 4

 

4. Eine Versammlung von Drachen

  Das Getöse, brüllende, zischende und blubbernde Gemurmel, das Gekratze, Gescharre und Geschubbere war ohrenbetäubend. Jedes Dorf hatte einen drachischen Abgesandten geschickt. Für unser Klein- Biberede hatte ich RedFred mitgenommen, der ausnahmsweise seine ursprüngliche rote Form angenommen hatte, damit die anderen Drachen ihn gleich erkannten. 

Vorweg sollte ich noch nehmen, das die Drachen sich entschlossen hatten, ausnahmsweise bei dieser Versammlung Menschisch zu sprechen, da einige Menschen-Reporter, ebenso wie vereinzelte menschliche Vertreter gewisser Täler anwesend waren. 

"Wir stehen vor einem riesigen Problem: wie es aussieht, ist Kalwarion zurückgekehrt -"
Ehe ich fortfahren konnte, erhob sich das ehrfürchtige Gemurmel und ängstliche Gegurre ins Unermessliche. Es konnte ewig dauern, bis hier endlich Ruhe einkehren würde.
"Leute, Leute!" rief ich. "Immer mit der Ruhe! Noch ist gar nichts bewiesen! Wir müssen über alle Probleme sprechen: der Nebel wird immer dichter. Man kann die Hand vor Augen nicht mehr sehen. Ich denke, das ihr auf euren Flügen auf dem Weg hierher ebenfalls Schwierigkeiten hattet. Ich hörte, das man die Täler von weiter oben gar nicht mehr sehen kann."
Zustimmendes Gebrumme aus der Menge.
"Und dann die ganze Festtagsdekoration! All die Lichter und Gegenstände, sie sind alle verschwunden. Und zudem färbt sich nach und nach alles Grau."
Wieder kam Zustimmung der geflügelten Wesen.
"Ob sich oder ob sich nicht Kalwarion dafür verantwortlich zeichnet, wir müssen eine Lösung finden! Denn die Festtage stehen vor der Tür, und wir wollen doch alle ein kuscheliges Fest, oder irre ich?"
Die Drachen schüttelten die Köpfe, stoben mit den Flügeln und summten und brummten.
"Mein Vorschlag wäre, das wir ein paar Drachen entsenden, die besonders gut mit Dunkelheit klarkommen. Sie müssen die Täler durchkämmen und nach Hinweisen suchen, wie wir dieses Dilemma beheben können," rief ich in die Menge.
"Für jedes Tal schlage ich vier Drachen vor, die sich in jeder Himmelsrichtung umsehen sollen," brummte RedFred - natürlich in Drachisch, sofern also nicht in diesen menschlichen Worten hörbar für Menschen. Ich fungiere hier lediglich als Übersetzer.
"Wir sollten zu zweit fliegen," warf Frankie ein, die weiter hinten stand und sich nun schlängelnd leicht vom Boden in die Luft erhob, damit man sie sehen konnte.
"Guter Vorschlag, Frankie, danke dafür. Außerdem sollten wir uns mit einem magischen Schein umgeben. Erhöht die Sichtweite."
"Ja" hier, "au ja" dort, "unbedingt" und "yesss" erklang es aus allen Rachen und jeder Ecke. Die Drachen begannen nun, miteinander zu beraten, was noch alles von Nutzen sein könnte, und was man auf der Suche nach dem Verursacher dieses Desasters noch benötigen würde.
Das alte Gebäude, in dem sich die Geflügelten zusammengefunden hatten, garkzte und ächzte unter ihren Bewegungen. Ich hatte zuweilen die Befürchtung, das das Dach einkrachen könnte, wenn einige der Drachen nach oben stoben und sich in der Luft miteinander unterhielten. Ihr müsst wissen, Drachen sind zwar meisterhafte Flieger, aber solange sie am Boden verweilen sind sie doch eher etwas - gelinde ausgedrückt - ungeschickt und grob. Und zur Zeit hielten sich mehr als hundert Vertreter der magischen Wesen hier auf einem Haufen auf. Ui, ui, ui...
"Dann stellt sich noch die Frage," fuhr ich nach einer Weile fort, "sollte es sich denn um Kalwarion handeln, wie wir weiter vorgehen sollen. Das heißt, das wir erstmal auskundschaften, was passiert ist, und dann nochmals zu einer Beratung zusammentreffen."
Damit war jeder der Anwesenden einverstanden. Doch ihr müsst nicht denken, das sich die Versammlung einfach so auflöste. Nein, nein! Drachen sind nicht nur sehr spaßbegabt, sie lieben den Tratsch und Klatsch, und haben sie einmal zu plauschen begonnen, dann finden sie auch so schnell kein Ende! Da kann kommen was will, denn Drachen haben ein gänzlich anderes Zeitempfinden als wir Menschlein.

Zum Glück waren meine Jungs bei mir, so wurde mir die Zeit nicht zu lang. Wir orderten eine Runde Drachenbräu und machten es uns in einer der dunklen Ecken gemütlich.